Montag, 17. Oktober 2011

Phantastische Wirklichkeit

Ich finde, man sollte nicht über das schreiben, was man kennt. Über das Unbekannte zu schreiben ist die lohnenswertere Reise. Das Schreiben über das selbst Erlebte fördert die Imagination nicht.
Oft höre ich: Schreib' über das Leben. Aber warum? Mich hat das nie besonders interessiert. Mein Leben ist nicht interessant genug, um darüber zu schreiben, und wenn ich die Lebensgeschichten anderer Menschen höre, habe ich auch kein Interesse daran, einen Roman oder eine Kurzgeschichte daraus zu machen. Bestenfalls eignen sich die Erlebnisse Anderer, sie fragmentarisch zu verwenden oder als Teil einer Charakterisierung einzusetzen.
Ich glaube nicht an die große Story, die im alltäglichen Leben verborgen liegt. Mir erscheint diese Vorstellung wie das Klischee des unbezahlbaren Gemäldes, das seit Jahrzehnten am verstaubten Dachboden vergessen wurde.
In der Phantastik kann viel Wirklichkeit liegen. Manchmal versteckt sich die Wirklichkeit sogar in der Phantasie. Edgar Allan Poe stellte die Frage: "Ist alles, was wir sehen oder scheinen nur ein Traum innerhalb eines Traumes?". Ich sehe in der phantastischen Kunst eine Art Wurzelwerk für die Stämme, das Geäst und die Blätter der Realität. Oder auch die Nadeln, die ins Leben stechen.
Vielleicht habe ich als Autor und Leser deshalb einen Hang zur phantastischen Literatur: Die Phantastik erscheint mir oft wirklicher als die Wirklichkeit. Das Eindringen des Unvorstellbaren ist eine Bedrohung, die das Leben auf eine beängstigende Weise bereichern kann. Besonders, wenn die Bedrohung nicht wieder verschwinden will.
Macht nicht das Auseinanderbrechen der Realität die Wirklichkeit besonders wertvoll?

1 Kommentar:

  1. Interessante Gedanken. Schreiben über das Unbekannte ist wie eine Reise in ein anderes Land, in dem man vorher noch nie war. Damit haben viele Leute ja kein Problem, von daher finde ich das Gleichsetzen des 'Sich-Auseinandersetzens mit dem was man nicht kennt' mit einer lohnenswerten Reise sehr gelungen. Man weiß vorher nie, was einen erwartet und was man für interessante Erfahrungen machen wird, aber gerade das macht ja den Großteil des Reizes aus…

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