Montag, 31. Oktober 2011

Innerer Schatten: Der Antagonist im Autor

Als Autor muss man an die Entwicklung seiner Charaktere herangehen wie ein Schauspieler und seine Rollen leben. Jede Figur ist ein Teil des Autors, egal, wie viel Stoff man sammelt und an Beobachtungen anderer Menschen anlehnt. Nur, wenn man in allen Rollen lebt, können die Charaktere auch für den Leser lebendig werden.
Das heißt natürlich auch, dass man sich den dunklen Aspekten seiner Handlungsfiguren widmen und die eigenen verdrängten Eigenschaften finden und beschreiben muss. Oft ist das unangenehm, manchmal sogar äußerst beängstigend. Aber das Böse ist nun mal dionysisch ubd liegt in uns selbst.
Nur so kann der Antagonist glaubwürdig sein.
Und vergessen wir nicht: Sowohl der Protagonist als auch der Antagonist tragen das Wort Agonie in sich. Qual.

Freitag, 28. Oktober 2011

Gregorys kleine Charakterkunde

Früher oder später merkt man beim kreativen Schreiben, dass der grundlegende Plot zu wenig ist, um einen ganzen Roman oder Film zu tragen. Selbst Geschichten, die - wie die Amerikaner das nennen - "story driven" sind, also von der Geschichte oder Action selbst bestimmt, brauchen glaubhafte Charaktere. Die rasanteste Action und der schrecklichste Horror sind wirkungslos, wenn dem Publikum die Handlungsfiguren nichts bedeuten.
Insofern ist eigentlich jede Erzählung "character driven", also von den Charakteren getragen. Charakter ist Plot, wie man auch sagt. Viele dramatische Ereignisse können sich aus den Verhaltensweisen einer Figur ergeben. Ein Sprung vom Wasserfall ist eben nur mit Höhenangst eine Überwindung.
Die Hauptfigur (Protagonist) muss in jedem Fall eine Hauptabsicht haben, also eine innere Motivation, die ihn antreibt. Um den inneren Konflikt des Protagonisten zu verstärken, und damit die Spannung zu steigern, muss der Autor nun alles versuchen, um den Protagonisten am Erreichen seines Ziels zu hindern. Er steckt sozusagen die Fahnen in den Slalom und baut ein paar Schikanen ein.
Um die Hauptfigur am Erreichen seines Ziels zu hindern und seine Hauptabsicht zu vereiteln, braucht jede gute Geschichte einen ebenbürtigen Gegenspieler: den Antagonisten. Seine Aufgabe ist es, der Hauptfigur eine scheinbar unüberwindliche Gegenabsicht in den Weg zu stellen. Somit ist die Gegenabsicht des Antagonisten gleichzeitig seine Hauptabsicht.
Beide Charaktere sollten einen inneren Konflikt haben, der sie am Weiterkommen hindert, das Vorhaben in Gefahr bringt und ihren Charakter vertieft. Das können Ängste sein, traumatische Erlebnisse, Eifersucht etc.
Wenn der innere Konflikt sowie alle anderen Elemente der erzählten Geschichte den Protagonisten verändern und in seiner Entwicklung beeinflussen, verleiht das noch mehr Tiefe. Keine Handlungsfigur sollte am Ende so sein wie am Anfang.
Außerdem brauchen sowohl Protagonist als auch Antagonist eine innere wie äußere Motivation.
Die innere Motivation ist beispielsweise der Drang einer Figur, eine Aufgabe zu meistern, weil möglicherweise sein Leben oder das Leben einer Nebenfigur davon abhängen. Oder der Zwang des Gegenspielers, den Helden (oder Antihelden) aus Hass zu vernichten.
Die äußere Motivation sind die Mächte, die die Figur daran hindern wollen, sein Ziel zu erreichen. Dabei darf der Autor nie aus den Augen verlieren, dass der Protagonist im Zentrum stehen muss. Der Feind muss zwar stark gezeichnet sein, bleibt aber doch eine Nebenfigur.
Was die äußere Motivation betrifft, sollte man sich vor dem "Deus ex machina", hüten, also dem Zufall. Kein Leser ist bereit, eine unerklärbare Schicksalswendung zu akzeptieren. Der Begriff, obwohl er Latein ist, kommt aus der griechischen Antike und bedeutet wörtlich "Gott aus der Maschine" und bezeichnete im griechischen Theater einen Schauspieler, der mit einer Hebebühne auf die Theaterbühne gehoben wurde, um dort als Gottheit in das Geschehen einzugreifen.

Zusammenfassend brauchen wir also:

1. Die Hauptabsicht
2. Die Gegenabsicht
3. Den inneren Konflikt
4. Den äußeren Konflikt
5. Die innere Motivation
6. Die äußere Motivation

Dazu natürlich einen guten Koch, der das ganze schmackhaft braten und stilvoll anrichten kann.
Selbstverständlich müssen am Ende alle Fäden zusammenlaufen und keines der oben genannten Elemente darf über das Finale der Geschichte hinaus reichen.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Gregorys kleine Plotkunde

1. Anreiz: Eine Szene, die den Leser in das Buch saugt.

2. Plot Point I: Die erste überraschende Wendung.

3. Erster Höhepunkt: Eine Szene oder ein Kapitel, die die Spannung auf die Spitze treibt, aber noch nicht auflöst.

4. Der dunkelste Moment: Eine Szene oder ein Kapitel, in der alle Bemühungen und Vorhaben der Hauptfigur zu scheitern drohen und sie sich mit ihrer tiefsten existentiellen Angst konfrontiert sieht.

5. Plot Point II: Die zweite überraschende Wendung.

6. Höhepunkt: Hier laufen alle Fäden zusammen.

7. Auflösung: Die Hauptfigur erreicht ihr Ziel oder scheitert. Darüber hinaus darf nichts offen bleiben.

Samstag, 22. Oktober 2011

Kindle Cover

Endlich ist es mir gelungen, eine einfache Methode zu finden, in ein Kindle eBook ein Cover einzubauen. Außer einem Zip-Programm und zwei HTML-Programmiercodes braucht man nichts.
Ich finde, ein eBook gibt mehr her, wenn man das Cover sehen kann.


Mittwoch, 19. Oktober 2011

Frankfurter Sauce

Um als Indie-Autor erfolgreich zu sein braucht man keine Frankfurter Buchmesse. Das geht auch mit Amazon Kindle. Ich kann alle von Großverlagen abgelehnten Autoren nur ermuntern, diese Möglichkeit zu nutzen. Es lohnt sich.
Ich glaube, im Moment herrscht unter den Verlagen eine panische Angst davor, etwas Neues auszuprobieren und zu finanzieren. Also lieber noch einen amerikanischen oder schwedischen Krimi mit einer unerschrockenen Pathologin/Psychologin/Profilerin oder einem Antihelden mit ausgefallenem Hobby.
Möglicherweise beendet Amazon Kindle die Abschneidung des literarischen Arbeiters von den Produktionsmitteln.
Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, dass das literarische Establishment bei der Erwähnung der Worte Amazon oder Ebook ein deutliches Angstvibrato in der Stimme hat.

Montag, 17. Oktober 2011

Phantastische Wirklichkeit

Ich finde, man sollte nicht über das schreiben, was man kennt. Über das Unbekannte zu schreiben ist die lohnenswertere Reise. Das Schreiben über das selbst Erlebte fördert die Imagination nicht.
Oft höre ich: Schreib' über das Leben. Aber warum? Mich hat das nie besonders interessiert. Mein Leben ist nicht interessant genug, um darüber zu schreiben, und wenn ich die Lebensgeschichten anderer Menschen höre, habe ich auch kein Interesse daran, einen Roman oder eine Kurzgeschichte daraus zu machen. Bestenfalls eignen sich die Erlebnisse Anderer, sie fragmentarisch zu verwenden oder als Teil einer Charakterisierung einzusetzen.
Ich glaube nicht an die große Story, die im alltäglichen Leben verborgen liegt. Mir erscheint diese Vorstellung wie das Klischee des unbezahlbaren Gemäldes, das seit Jahrzehnten am verstaubten Dachboden vergessen wurde.
In der Phantastik kann viel Wirklichkeit liegen. Manchmal versteckt sich die Wirklichkeit sogar in der Phantasie. Edgar Allan Poe stellte die Frage: "Ist alles, was wir sehen oder scheinen nur ein Traum innerhalb eines Traumes?". Ich sehe in der phantastischen Kunst eine Art Wurzelwerk für die Stämme, das Geäst und die Blätter der Realität. Oder auch die Nadeln, die ins Leben stechen.
Vielleicht habe ich als Autor und Leser deshalb einen Hang zur phantastischen Literatur: Die Phantastik erscheint mir oft wirklicher als die Wirklichkeit. Das Eindringen des Unvorstellbaren ist eine Bedrohung, die das Leben auf eine beängstigende Weise bereichern kann. Besonders, wenn die Bedrohung nicht wieder verschwinden will.
Macht nicht das Auseinanderbrechen der Realität die Wirklichkeit besonders wertvoll?